Die Ferien des Monsieur Li
Das Wetter in China ist wie Chuck Norris: Es regnet nicht einfach, es fällt Schlamm vom Himmel. Nach ein paar Tagen durch den Schlamm sind wir bereit für Urlaub noch extremer: Eine Kreuzfahrt auf dem Yangzi. Das steht soweit auf dem Programm jeder China-Rundreise. Nur ist das Ausländer-Schiff schon ausgebucht. Also buchen wir 4 Tage Chinesen-Cruise. Fürs halbe Geld der doppelte Spass.
Und so sitzen wir dann die nächsten Tage im selben Boot mit 200 Chinesen, überwiegend Männer mittleren Alters, die alle ausschauen wie die chinesische Antwort auf Norbert Darabos.
Das heißt 72 Stunden Majong-spielen, rülpsen, schmatzen, Kette rauchen, jedes nur erdenkliche Tier – als Leiche oder auch lebend – verspeisen und vor allem röcheln und spucken in alle Richtungen. Und das ganze vorzugsweise im Pyjama.
Aber der Reihe nach:
Unser Schiff besticht durch rustikale Gemütlichkeit: Keine Heizung und Fenster die nicht schließen. Was aber egal ist, da die Fenster, Stichwort Kettenrauchen, ohnehin 24 Stunden am Tag offen bleiben müssen.
Nachdem Fahrräder und wir verschifft sind, geben wir unser selbstbestimmtes Leben bei der Reiseleitung ab und lassen uns in der Chinesenmasse durch den Tag und die eine oder andere Sehenswürdigkeit treiben – zu diesem Zweck und zur Essensbeschaffung legen wir zwei Mal täglich an. Interessanter als chinesische Schluchten und Klöster ist aber ohnehin, 200 Chinesen in den Ferien zu erleben.
Die gesammelten Erkenntnisse:
Chinesen haben kein Privatleben, die Türen zu den 4- oder 6-Mann-Kabinen bleiben gerne offen, um andere am Leben teil haben zu lassen
Chinesen lieben ihre Pyjama so sehr, dass sie sie vereinzelt auch tagsüber auf und abseits des Schiffes nicht ausziehen – was besonders angesichts der Temperaturen von um die 10 Grad beeindruckend ist. In Shanghai wurde (wegen der Weltausstellung im nächsten Jahr) gerade eine Kampagne gegen das Tragen von Pyjamas in der Öffentlichkeit gestartet – der Erfolg lässt wohl noch auf sich warten!.
Chinesen verbringen die Ferien am liebsten mit Majong oder Kartenspielen und rauchen. Gerne auch in Kombination. Und wer kein Spieler ist, singt für die Anwesenden Karaoke.
Chinesen essen gegrillte Schweineschnauzen, gedünstete Hühnerkrallen, süß-saure Kücken am Spieß und kleine Flusskrebse so frisch, dass sie noch leben, bis man sie als chinesische Form der Backerbsen in die Nudelsuppe tut. Und dazu gibt’s Glutamat, das hier so selbstverständlich am Tisch steht wie bei uns Salz und Pfeffer (Wir ordern doch am liebsten Reis mit Tofu – da kann nix schief gehen.)
Chinesen röcheln ständig und spucken noch mehr, drinnen, draußen, morgens, abends, immer und überall – Teppichböden oder in unmittelbarer Nähe essende Menschen sind da kein Hindernis. Auch die Regierungs-Kampagne gegen das öffentliche Ausspucken war wohl nicht so erfolgreich!
Abgesehen von manchen doch sehr gewöhnungsbedürftigen kulturellen Eigenheiten sind die Chinesen aber alles in allem recht umgänglich, zwar recht laut aber selbst alkoholisiert nicht aufdringlich oder gar aggressiv.
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Comments ( 1 Comment )
Anonym added these pithy words on Nov. 25 09 at 19:30Tofu ist sehr gesund, denn alles Andere bringt mich zum Ekeln.