Same, Same but Thailand
Nachdem wir die Räder in Vientiane wieder auf Vordermann gebracht und das Visum für Thailand organisiert haben, bleibt noch ein Tag, um den größten Tempel von Laos Pha That Luang anzuschauen und uns von den zwei Schweizern, mit denen wir die letzten zwei Wochen unterwegs waren zu verabschieden. Daniela und Matthias (www.veloausflug.ch) müssen in Vientiane noch ein paar Tage auf das Visum für Myanmar warten und fahren dann Richtung Süden nach Kambodscha. Wir fahren gleich auf die andere Seite des Mekong – und damit nach Thailand. Wo wir jetzt 6 Wochen Zeit haben, bis wir am 24. Februar in Bangkok ins Flugzeug steigen.
6 Wochen sind ein bisschen viel Zeit, um nur am Strand zu vergammeln. Also fahren wir noch eine kleine Runde durch die Nationalparks im Norden Thailands. Die ersten drei Tage geht es recht gemütlich den Mekong entlang flussaufwärts. Kaum haben wir uns an den Linksverkehr in Thailand gewöhnt, wird es aber richtig hart. Die Berge sind zwar nicht wahnsinnig hoch, aber die Straßen unerbittlich steil. Dem Vorwärtskommen stehen ständig giftige Rampen mit 12-14% Steigung im Weg. Was mit 30-40 kg am Rad und sehr hoher Luftfeuchtigkeit ganz schön zach sein kann – auch nach einem halben Jahr Radfahren.
Die Entschädigung dafür sind menschenleere Nebenstraßen ohne Verkehr und eine Region Thailands, wo es eigentlich keinen internationalen Tourismus gibt. Die paar Touristen, die uns begegnen, sind ausschließlich Thais aus den großen Städten.
Der Pannenteufel ist aufgewacht
Der Teufel schläft nicht. Nicht mehr! In den letzten 2 Wochen treibt der Pannenteufel auch bei uns sein Unwesen. 13.000 Kilometer sind wir von größeren Problemen an den Fahrrädern verschont geblieben. An Katharinas Fahrrad hatten wir null Pannen. In 7 Monaten keinen einzigen Patschen. Aber dann geht’s richtig los. Binnen weniger Tage brechen an beiden Rädern die bis jetzt superstabilen, superteuren, 100% Swiss-Made Hinterradfelgen. Ein paar Tage später bricht dann am superstabilen, superteuren Made-in-Germany-Gepäckträger auch noch eine Strebe – besonders unangenehm, wenn man gerade mit 40 einen Berg hinunter fährt. Der Gepäckträger (in weiser Voraussicht haben wir ja ganz bewusst Fahrradrahmen und Gepäckträger aus Stahl) lässt sich in der nächsten laotischen Autowerkstatt relativ unproblematisch wieder zusammenschweißen. Gebrochene Felgen sind aber so ziemlich der Supergau: Die Felgen sind aus Alu und lassen sich nicht reparieren. Ersatz ist mitten in Laos aber auch nicht zu bekommen. 3 Tage können wir (am Ende mit ausgehängter Hinterradbremse) noch weiter fahren – bevor irgendwann bei einer Abfahrt von einem Pass nur mit Vorderradbremse Schluss ist. Zu gefährlich! Wir laden die Räder auf den erstbesten Lastwagen (die Laoten sind da sehr hilfsbereit) und fahren ins nächste Touristenzentrum Vang Vieng. Aber auch hier ist keine passende Felge oder ganzes Hinterrad zu bekommen. Also weiter in die laotische Hauptstadt Vientiane. Hier hat tatsächlich ein Franzose (hauptberuflich Trainer des laotischen Rad-Teams) den einzigen echten Radladen des Landes (fuer Leser mit aehnlichen Problemen: Willy’s bike shop in der Dong Palang Strasse in der Naehe des Wat Ban Fai). Ein paar Stunden spaeter haben wir wieder hochwertige DT-Swiss Felgen an den Hinterrädern – und das zu einem sensationell günstigen Preis!
Immerhin: der Riss im Rahmen, der mir vor einigen Tagen aufgefallen ist, entpuppt sich nach Abkratzen des Lacks doch nur als tiefer Kratzer. Vorerst ist der Pannenteufel also besiegt…
Hinter den sieben Bergen
Irgendjemand, ich weiß nicht mehr wer, hat mir mal vor unserer Abreise sehr schlüssig und überzeugend ausgelegt, dass 1000 Höhenmeter pro Tag mit dem Rad nicht machbar sind. Nun kann ich sagen: Sogar 1800 Höhenmeter sind möglich. In Laos geht es einfach immer bergauf, bergab. Warum es sich trotzdem lohnt: Die Landschaft ist wunderschön, hier gibt es noch viele Wälder, dazwischen Bananenplantagen und am Straßenrand Ananas frisch von der Ernte. Große Städte durchqueren wir gar nicht, dafür viele Dörfer, voll mit kleinen Kindern, kleinen Hunden, kleinen Schweinen und Küken. Die Kinder rufen uns unermüdlich „Sabadii“ und „Hello“ zu, das Getier versucht sich irgendwie vor uns (derzeit wieder) vier RadfahrerInnen in Sicherheit zu bringen. Vor den typischen Stelzenhäusern sitzen Männer und Frauen und arbeiten daran, aus Palmblättern neue Hausdächer zu „weben“. Und manchmal machen sie müden RadfahrerInnen auch eine Nudelsuppe. Für eine Extraportion Kohlenhydrate tunkt man darin zu Kugeln geformten Klebreis. Nach vier Tagen Suppe und Reis erreichen wir mit Phonsavan wieder einen größeren Ort. Wir steigen auf Mopeds und machen einen Ausflug zu den „Tonkrügen“-Ebenen. Zu sehen gibt es hunderte große Steine, innen ausgehöhlt zu Krügen. Leider hat die Forschung bislang weder herausgefunden, wann noch zu welchem Zweck die Steinkrüge entstanden sind. Der Ursprung anderer Fundstücke ist hingegen eindeutiger: Das kleine Laos hat (rund um den Vietnamkrieg) mehr Bomben abbekommen als ganz Europa im zweiten Weltkrieg. Abseits der markierten Wege warten noch jede Menge UXOs, unentschärfte Bomben. Ja, Bomben sind hier so normal, dass fast jedes Hostel hier ein paar in der Vitrine stehen hat. Und essen geht man ins „Crater’s Restaurant“.
Nachtrag Nordlaos
Landschaftlich unterscheidet Nordlaos nur wenig von Nordvietnam: grün, feucht, dünn besiedelt. Und die Leute noch freundlicher!
Gleich der erste Tag in Laos bietet alles: Die Einreise ist völlig unkompliziert, das Visum wird direkt an der Grenze ausgestellt ohne allzu großes Prozedere. Dann müssen wir in den ersten Ort nach der Grenze. Laut Zöllner sind das so ca. 25km oder zwei Stunden mit dem Bus. Schnell ist klar, dass diese Angabe wirklich stimmt. Die Straße ist ein teilweise vom Regen vermurter Waldweg den Berg hinunter. Mit dem Rad ist man hier schneller, als es jeder Bus sein könnte. Was aber auch Folgen hat: Beim Bremsen brechen ganze Profilstollen aus dem Reifen, am Gepäckträger bricht eine Befestigungsschraube. Eine Ersatzschraube hätten wir sogar dabei, im Rahmen steckt aber noch das Gewinde, sodass unsere Standardbefestigung für alles, was nicht so recht will, herhalten muss: Kabelbinder, ein wirklich unglaubliches Stück Technologie, das den Gepäckträger die nächsten Kilometer recht ordentlich am Rahmen hält. (Dann haben wir das feststeckende Gewinde mit ein bisschen Spielerei, aber doch, ohne wie befürchtet, den Rahmen aufbohren zu müssen, aus dem Rahmen bekommen)
Und dann taucht nach 25 Kilometern (es ist schon stockdunkel) mitten im Dschungel wirklich ein kleines Dorf auf mit einem „richtigen“ Hotel mit eigenem Dieselgenerator für Strom, warme Dusche und kaltes Bier.
Nach weiteren 30km Waldweg am nächsten Tag ist an einem Fluss Schluss. Auf der anderen Seite geht die Straße über die Berge weiter. Wir nehmen für die nächsten 60 Kilometer lieber das Hauptverkehrsmittel – ein Boot. Nach Nong Khiaw sind es sechs Stunden Flussfahrt, eine Strecke, für die der Bus angeblich zwei Tage brauchen würde.
Dann noch zwei Tage radfahren und wir sind in Luang Prabang – wo wir ein paar Tage Weihnachtspause machen.
Nachtrag Nordvietnam
In Hanoi beschließen wir, die Route ein bisschen zu ändern und nicht nach Südvietnam und Ho Chi Min Stadt zu fahren (zumal das mit 30-Tage-Visum eh knapp wäre), sondern nach Westen: Laos. Das erweist sich als gute Wahl. Nach ein paar Kilometern Industrie-Vorstädte von Hanoi sind wir recht bald mitten im Jungel. Man kann John Rambo’s „Blaues Licht“ buchstäblich im Dickicht sehen. Und nach einem Tag am Rad ist man hier auch mindestens so verschwitzt wie Rambo. Nur die Vietnamesen sind zu uns viel freundlicher als zu Rambo. Schnell ist der eher schlechte Eindruck von Vietnam aus den Badeorten am Meer vergessen.
Hier leben ein Haufen unterschiedliche – meist thailändische – Minderheiten. Und sie tragen alle unterschiedliche Trachten, die eines gemeinsam haben: Das weibliche Schönheitsideal sind eindeutig ganz lange Haare, die zu einem riesigen Dutt am Kopf gewickelt werden – behelfsweise auch mit extra Haarteilen. Je nach Volk trägt frau diese Frisur ohne oder mit diversen Kopftüchern. Und manchmal auch mit Motorradhelm!
So grün die Landschaft ist, so feucht ist das Wetter. Und auf den Pässen, die auf fast 1500 Meter hinauf gehen, sogar richtig neblig kalt!
Nach sechs Tagen durch die Berge war’s das auch schon wieder mit Vietnam und wir sind an der Grenze zu Laos.
Season’s Greatings 24-12-2009

Die besten Wünsche zum frohen Fest kommen aus: Luang Prabang. Luang Prabang ist eine kleine Stadt in der demokratischen Republik Laos, die ehemalige Haupstadt des ehemaligen Königreichs. Was Luang Prabang nicht hat: Meer mit Sandstrand und Kokosnusspalmen, unter denen wir eigentlich ganz klischeehaft Weihnachten für Fernreisende feiern wollten. Was Luang Prabang schon hat: Jede Menge Wats (buddhistische Tempel) und ein lang geplantes Wiedersehen mit Daniela und Matthias, den 2 Schweizern, die mit uns durch Turkmenistan und Usbekistan gereist sind.
Auch wenn den Laoten Weihnachten vermutlich egal ist, wird hier an jeder Ecke Christmas Dinner angeboten – aber was kann kulinarisch noch beeindrucken nach Monaten des ständigen Bekochtwerden in Restaurants, Garküchen und co.?
In unserem Fall ist es eine Dose mit Weihnachtskeksen, die uns von zuhause mit der Post erreicht hat und die wir noch gute 1000km über zwei Grenzen hinweg hierher gekarrt haben.
Was die Geschenke für die laotischen Kinder betrifft, sind wir noch unsicher: Eine Hilfsorganisation vor Ort bietet Kinderbücher an, die man kaufen und in den Dörfern verteilen kann. Aber mal ehrlich, würden wir uns mit Süßigkeiten nicht beliebter machen?
Ahoi Hanoi
Die Landschaft im Nordosten Vietnams war eher eine Enttäuschung, vielleicht auch weil der Himmel trüb und die Straßen schlammig waren. Halong und die Cat Ba Insel gerieten sowieso zum Desaster und die Autobahn nach Hanoi glänzt durch ein Panorama aus Fabriken, dauerhupenden LKWs und brennenden Müllbergen.
Kommen wir also zum positiven: Hanoi.
Hanoi ist eine angenehme Mischung aus asiatischer Hektik, südländischem Flair und französischem Savvoir vivre. Nach all den anonymen Retortenstädten eine Stadt mit Charakter. Die Zeit als französische Kolonie hat auch heute noch deutlich sichtbare Spuren hinterlassen. Abgesehen vom Baustil sind das eine für Asien wohl einzigartige Kaffeekultur, die Tatsache, dass die Vietnamesen das lateinische Alphabet benutzen und die Vorliebe für Baguette! Und angenehm für uns, der Verkehr ist trotz 4 Millionen Einwohnern auch nicht schlimmer als in Paris!
Kulturschock Vietnam
Für uns (mittlerweile) Chinesen rückt ein lang gehegtes Ziel näher: Wir fahren in ein anderes Land, über die Grenze nach Vietnam.
Der erste Eindruck ist durchaus positiv. Vietnam präsentiert sich nett herausgeputzt, die Häuser sind bunt gestrichen und dekoriert, Blumentöpfe am Balkon und auch in billigen Hotels sind die Zimmer deutlich sauberer als in China. Gleich im ersten Hotel werden wir freundlich auf englisch begrüßt. Hier ist man auch nicht so bürokratisch wie in China: Preis vereinbart, Pässe abgegeben und schon wird der Zimmerschlüssel überreicht. Von China sind wir das ganz anders gewöhnt: lange Formular-Ausfüll-Spiele und intensives Pass-Studium.
Wir fahren als erstes Richtung Meer nach Halong. Und dort, wo sich wegen aus dem Meer wachsender Felsberge zig Touristen tümmeln, verspielt Vietnam dann ganz schnell alle Vorschusslorbeeren. In Halong probiert einem jeder irgend etwas anzudrehen: ein Hotelzimmer, ein Essen im Restaurant, eine Bootstour. So weit, so gut, so ist das eben in Touristenzentren. Wir würden uns ja nicht mal über einen kleinen Ausländeraufschlag aufregen – auch in Tirol gibt für Einheimische verbilligte Skipässe! Und im Endeffekt sind die Preise ja immer noch günstig.
Was aber hier abläuft, verdirbt den Spaß gewaltig. Am Boot zur Cat Ba Insel erzählen uns zwei Deutsche, dass sie für ihr Ticket doppelt so viel wie wir bezahlt haben. Nun gut, schließlich hat man ihnen auch eine längere Tour mit einem anderen Zielhafen vorgegaukelt. Ein Holländer, der sich eine Dose Kartoffelchips kauft, muss beim Öffnen feststellen, dass sie so gut wie leer ist. Der Preis für den Bus vom Hafen in die Inselhauptstadt verdreifacht sich von einer Minute auf die andere. „Selbst Schuld“ erteilt der eben noch so nette vietnamesische Reiseführer den Backpackern eine Lektion, wer geglaubt hat, nicht bei ihm vorbuchen zu müssen, der sieht jetzt eben, was dabei herauskommt. Was nur wir am Fahrrad sehen können: Keine 200m weiter wartet versteckt hinter einer Wand ein weiterer Bus mit selbem Fahrziel, und der ist ganz leer.
Auch wenn wir selbst gar nicht zu Schaden gekommen sind, führt das alles unweigerlich dazu, dass man auf einmal allen Vietnamesen nur mehr mit einem Gewissen Misstrauen begegnet. Schade – und erst einmal schnell weg hier: Nach einem Tag auf der Insel fahren wir mit einer anderen Fähre nach Haiphong, wo die Welt im Zusammenleben der Völker wieder in Ordnung ist, und von dort weiter in die Hauptstadt Hanoi.
Was von China bleibt
Eigentlich wollten wir ja gar nicht nach China. Sondern nur kurz passieren und dann über Pakistan nach Indien. Die politische Situation hat’s verhindert. Eigentlich wollten wir noch immer nicht nach China. Nur kurz passieren und dann weiter nach Tibet. Die politische Situation hat’s wieder verhindert. Geworden sind es schließlich fast drei Monate im Reich der Mitte, beinahe die Hälfte unserer bisherigen Reise.
China war wohl das fremdeste, das exotischte Ziel unsere Tour bislang (und wohl auch überhaupt). Erste Lektion: Nichts als gegeben annehmen. In China spricht kaum jemand englisch, aber auch Gestik und Mimik sind ganz anders als gewohnt. Wer Daumen und Zeigefinger ausstreckt und damit „Bitte zwei Flaschen Wasser“ kommunizieren will, der erntet nur erstaunte Blicke. Wer weiter hartnäckig bleibt, der erlebt, wie fünf ChinesInnen (ChinesInnen treten prinzipiell nur in Gruppen auf, sogar die eine Hochzeit, die wir beobachten konnten, war eine Doppelhochzeit) in großes Kichern ausbrechen und wegrennen. Besser geht’s, wenn man es den Einheimischen nachtut, die die Schriftzeichen für die Zahlen mit Fingerbewegungen nachahmen. Sprachlich hatten wir also so unsere Mühe, können bis heute nicht viel mehr als Hallo, Hotel, Reis, Tofu und nein (in etwa: „meyou“) verständlich aussprechen. Trotzdem, in fast einem Vierteljahr China war nie eine Menschenseele unfreundlich oder unhöflich Wir haben uns auch kein einziges Mal unsicher oder in irgendeiner Weise gefährdet gefühlt. Das macht China als Reiseland attraktiv.
Einen Preis von uns kriegt China auch für das beste Essen. Im Westen ziehen sie mit den Händen meterlange Nudeln, im Osten werden aus ein einer Handvoll Gemüse, Gewürzen und Chili simple, aber extrem wohlschmeckende Speisen gezaubert. Und: Niemand muss hier Hühnerkrallen und Schweinerüssel essen, wenn er/sie nicht will, es gibt immer Alternativen mit Tofu.
Und die Landschaft ist großartig: Im Westen die Wüste und das (tibetische) Hochland, im Osten fruchtbares Hügelland, wo noch jeder kleinste Fleck zum Gemüseanbau genützt wird und das Land in allen Schattierungen der Farbe grün leuchtet (wenn nicht gerade Staub und Industrieabgase für einen grauen Schleier sorgen). Denn hier ist China unglaublich dicht besiedelt, alle 50-80km wird eine Stadt mit ein paar hunderttausend Einwohnern aus dem Boden gestampft, alle paar hundert Kilometer eine Millionenstadt.
Hier wird auch deutlich, wie viel in den letzten Jahren weiter gegangen ist. Die Mittelschicht in China ist groß, neben dicken Autos, riesigen Einkaufsstraßen und Hochhäusern wird das auch an einer großen Anzahl chinesischer Touristen deutlich, die das Budget haben, ihr Land zu entdecken. Und trotzdem: Wir befinden uns in einer Diktatur mit einer schockierend hohen Anzahl an Hinrichtungen, die Missachtung der Menschenrechte scheint selbstverständlich (nur die oberste Spitze des Eisbergs: ein deutscher Austauschstudent erzählt uns, dass ihm jegliches Telefonat mit Botschaft oder Anwalt verweigert wurde, als er nach einem Konflikt am Sportplatz von der Polizei verhaftet und mitgenommen wurde). Während im Iran die Menschen durch ihre Situation politisiert sind wie nirgends sonst und eine immer größer werdende Opposition bilden, scheint’s keine/n der ChinesInnen zu stören.
Es entsteht der Eindruck, dass man hier einfach nie gelernt hat, selbstständig zu denken. So wie die Rezeptionistin im Hotel ratlos vor uns Ausländern steht und nicht kombiniert, dass wir gerne ein Zimmer hätten, so scheint die Bevölkerung das System insgesamt nicht in Frage zu stellen.
Fazit: 1,3 Milliarden ChinesInnen werden die Zukunft der Welt prägen, das alleine ist Grund genug, sich das Land einmal anzusehen. Drei Monate China also, das reicht gerade für eine kurze Runde und einen winzigen Einblick. Beijing, die Mauer und die Terrakotta-Armee holen wir mit 50 auf der 8-Schätze-Rundreise nach.
Ein Hund kam in die Küche…
…und das kann in China böse enden – für den Hund, aber auch alle anderen Beteiligten. Im Süden Chinas, da sollen die Menschen nämlich Hunde essen, vermeldet der Reiseführer. Mit natürlicher Neugier ausgestattet, legen wir uns also auf die Lauer. Was da am Straßenmarkt wie Gulasch aussieht, aber so verdächtig nach Hundepisse riecht, könnte das nicht ein Treffer sein? Wir probieren eine Portion, schmeckt nach Fleisch, aber irgendwie anders als alles Getier, was wir bislang probiert haben. Leider verhindern die üblichen Kommunikationsprobleme mit der chinesischen Marktstandlerin die letzte Gewissheit. Könnte also auch eine Katze gewesen sein.
Weiter auf Hundesuche. Wir müssen nicht lange warten, kommt uns schon das Objekt der Begierde entgegen. Ein Motorradfahrer, seine Fracht am Gepäckträger: ein ganzer Hund, haarlos, tot. Schnell die Kamera gezückt und dieses Ereignis dokumentiert. Aber das war noch lange nicht alles, wie wir bald merken werden. Nächster Schauplatz: der Markt in Yangshuo, so idyllisch zwischen den Bergen gelegen, dass es wohl die touristischte Stadt Chinas ist.
Hier werden dann auch die letzten Zweifler mundtot gemacht. An mehreren Ständen fristen Hunde in Zwingern ihre letzten Stunden. Wir sehen Männer, die einen Hund mit einem Stück Holz erschlagen, sehen Fleischhauer, die Hunde zerteilen, Frauen, die mit Bunsenbrennern die Haare wegschmelzen. So lange, bis ich w.o. geben muss und aus der Markthalle flüchte. Das Hundefleischgeschäft ist hier kein bisschen heimlich, ganz offen wird das für uns so Schauderliche dargestellt. Aber irgendwie keimt der Verdacht, dass wir die erwarteten Gäste einer groß inszenierten Horror-Show sind. Haben wir woanders je einen Markt gesehen, wo Tiere live geschlachtet werden? Und direkt nebenan verkündet ein Imbiss auf einer Tafel „Dog Meat Restaurant“. Auf englisch, der Sprache aller Touristenattraktionen.
Fazit: Solange Reiseführer tote Hunde unter den Sehenswürdigkeiten auflisten und sich sensationslüsterne Touristen wie wir auf die Suche danach machen, wird es dieses Business geben. Gerade im turbokapitalistischen China.